Vorsorgen für den Fall der eigenen Handlungsunfähigkeit!
Es ist wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema Vorsorge auseinanderzusetzen. Im Grunde sollte sich jede Person mit Vollendung des 18. Lebensjahres über die verschiedenen Möglichkeiten der Vorsorge informiert haben. Unabhängig vom Alter kann jede*r von uns durch Unfall oder Krankheit in die Situation kommen, wichtige Angelegenheiten des eigenen Lebens nicht mehr selbstverantwortlich regeln zu können. Durch Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patient*innenverfügung können Sie im Vorfeld festlegen, wer im Ernstfall für Sie handeln soll.
Warum ist eine gute Vorsorge wichtig?
- Selbstbestimmung: mit einer guten Vorsorge behalten Sie die Kontrolle über Ihre Angelegenheiten, auch wenn Sie nicht mehr handlungsfähig sind
- Vertrauen: Sie legen fest, wen Sie bevollmächtigen und können so eine Person auswählen, die Ihre Wünsche und Interessen kennt
- Entlastung für Angehörige: Liegt eine Vollmacht vor, müssen Angehörige nicht bei Gericht eine Betreuung beantragen, wenn der Ernstfall eintritt. Bevollmächtigte sind sofort handlungsfähig. Zudem können Sie durch eine Patient*innenverfügung Ihren Angehörigen Richtlinien mitgeben, die ihnen bei medizinischen Entscheidungen behilflich sind.
Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine geschäftsfähige Person eine andere Person, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen.
Mit der Vorsorgevollmacht werden Bevollmächtigte zu Vertreter*innen im Willen, d.h. sie entscheiden an Stelle von nicht mehr entscheidungsfähigen Vollmachtgeber*innen.
Deshalb setzt eine Vorsorgevollmacht unbedingtes und uneingeschränktes persönliches Vertrauen zu den Bevollmächtigten voraus.
Die Vollmacht ermöglicht Ihnen ein hohes Maß an Selbstbestimmung. Sie können Ihre persönlichen Wünsche, Bedürfnisse und Regelungen für alle Lebensbereiche festlegen.
Häufig handelt es sich um folgende Bereiche:
- Vermögenssorge
- Gesundheitssorge
- Wohnungsangelegenheiten
- Vertretung gegenüber Behörden und Einrichtungen
- Aufenthaltsbestimmung
Betreuungsverfügung
Neben der Vertretung mittels einer Vollmacht gibt es die Vertretung durch rechtliche Betreuer*innen, die vom Betreuungsgericht eingesetzt werden können.
Voraussetzung sind eine psychische Erkrankung oder eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung, durch die die eigenen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr geregelt werden können.
Auch in diesem Fall ist eine Vorsorge möglich, indem Sie in einer Betreuungsverfügung eine Person benennen, die Ihre festgelegten Wünsche und Regelungen in Ihrem Sinne umsetzt. Sollten Sie niemanden benennen können, wird das Betreuungsgericht eine Entscheidung für Sie treffen.
Eine Betreuungsverfügung kann mit einer Vorsorgevollmacht kombiniert werden. Sie kommt dann zum Einsatz, wenn trotz Vollmacht eine Betreuerbestellung notwendig werden sollte.
Patient*innenverfügung
Die Patient*innenverfügung richtet sich an ärztliches Personal und dokumentiert den Willen volljähriger Patient*innen für den Fall, dass sie sich selbst nicht mehr zu einer medizinischen Behandlung oder Unterlassung äußern können. Je genauer die eigenen Wünsche dokumentiert werden, desto sicherer können sie später umgesetzt werden.
Familienangehörige sind nicht automatisch berechtigt Entscheidungen zu treffen. Eine Kombination mit einer Vorsorgevollmacht und/oder Betreuungsverfügung ist daher zu empfehlen.
Ehepartner*innennotvertretung
Mit der Reform des Betreuungsrechts zum 01.01.2023 hat der Gesetzgeber das sogenannte Ehepartner*innennotvertretungsrecht eingeführt. Dieses tritt in Kraft, wenn sich eine verheiratete Person in einem medizinischen Notfall befindet und keine Vorsorge getroffen hat. Fakten zum Recht:
Gültigkeit: Maximal 6 Monate! Diese Frist beginnt in dem Moment, in dem der behandelnde Arzt oder die Ärztin schriftlich bescheinigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für das Ehegattennotvertretungsrecht vorliegen und seit welchem Zeitpunkt.
Wirkungskreis: Entscheidungsbefugnisse nur in medizinischen Fragen, keine Befugnisse in anderen Bereichen wie z.B. Vermögenssorge; entbindet die Arztpersonen von der Schweigepflicht dem*der Ehepartner*in gegenüber
Wer: gilt nur für den*die verheiratete*n Partner*in und auch nur, wenn beide zusammenwohnen, getrenntlebende Ehepartner*innen dürfen dieses Recht nicht in Anspruch nehmen, ebenso wenig Kinder oder Eltern
Weiterführende Links und Materialien zum Download
Die Mitarbeiter*innen des Betreuungsvereins informieren in Veranstaltungen und Einzelberatungen zu allen Themen. Wann und wo wir die nächste Informationsveranstaltung anbieten, finden Sie unter der Rubrik Termine.
Des Weiteren können wir Ihnen folgende Links und Materialien empfehlen:
- Informationen vom Land Hessen zu Vorsorgemöglichkeiten (Startseite - Betreuungsrecht in Hessen)
- Informationen vom Bundesjustizministerium zu Vorsorgemöglichkeiten (BMJ - Vorsorge und Betreuungsrecht)
- Vorsorgedokumente online Schritt für Schritt erstellen mit der Verbraucherzentrale (Selbstbestimmt - die Online-Vorsorgedokumente der Verbraucherzentralen | Verbraucherzentrale.de)
- Hospizdienst Hofgeismar vom Diakonischen Werk Region Kassel (Hospizdienst Hofgeismar - Diakonischen Werk Region Kassel. (dw-region-kassel.de))
- Formularvorlagen vom Bundesjustizministerium zur Vorsorgevollmacht in mehreren Sprachen (BMJ - Vorsorgevollmacht - Vorsorgevollmacht / Betreuungsverfügung)
- Broschüre und Textbausteine vom Bundesjustizministerium zur Patient*innenverfügung (BMJ - Patientenverfügung - Patientenverfügung)
- Broschüre Patient*innenverfügung vom Land Hessen (https://betreuungsrecht.hessen.de/fileadmin/betreuungsrecht/dokumente/patientenverfuegung/BMJV_Broschuere_Patientenverfuegung_01.pdf)
- Formular Betreuungsverfügung zum online ausfüllen und ausdrucken (https://betreuungsrecht.hessen.de/fileadmin/betreuungsrecht/dokumente/betreuungsverfuegung/Betreuungsverfuegung_Onlineformular.pdf)
- Broschüre mit Vordrucken zur Vorsorgevollmacht (nicht online ausfüllbar) (https://betreuungsrecht.hessen.de/fileadmin/betreuungsrecht/dokumente/rechtliche_betreuung/Broschuere_Betreuungsrecht_barrierefrei.pdf)
- Broschüre mit Vorsorgedokumenten vom Lothar Fietzeck Verlag – diese nutzen wir im Verein, Sie können sie bei einer Beratung oder unseren Informationsveranstaltungen kostenpflichtig bei uns erwerben (Fälschungssicher vorsorgen für den Ernstfall (lothar-fietzek-verlag.de))